Paraguay und seine deutschen Kolonien
Paraguays Bewohner zählen sich zu den glücklichsten Menschen der Welt. Das zog und zieht eine große Anzahl von Einwanderern ins Land. Darunter sind seit über 100 Jahren auch viele Deutsche, die nach der Immigration eine deutsche Kolonie in Paraguay gegründet haben. Als eines von zwei Binnenländern auf dem südamerikanischen Kontinent – das andere ist das nördliche Nachbarland Bolivien, ist Paraguay bis heute vor Allem landwirtschaftlich geprägt.
Dazu gehört der Anbau von Sesam, Baumwolle, Maniok und Getreide. Die Viehwirtschaft ist ebenfalls ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Land. Seit den 1970er Jahren hat sich der industrielle Sektor im Land entwickelt. Derzeit trägt er etwas über 13 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Die vorherrschenden Industrien Paraguays sind nach wie vor die, in denen die Rohstoffe der Land- und Forstwirtschaft weiterverarbeitet werden.
Mennoniten gründen in Paraguay deutsche Kolonien
Die meisten deutschstämmigen Bewohner kamen nach dem ersten Weltkrieg in das Land und gehören der evangelischen Gemeinschaft der Mennoniten an. Ihrer Privilegien, wie der Befreiung von der Wehrpflicht, beraubt, flüchteten sie zuerst aus Kanada und später aus Russland in das kleine lateinamerikanische Land. Die Regierung Paraguays wies den neuen Bürgern Gebiete im Norden des Landes zu, um dort eine deutsche Kolonie in Paraguay zu gründen. Gleichzeitig sollte so der Anspruch Paraguays auf das Gebiet des Gran Chaco gegen die Nachbarländer Bolivien und Brasilien gefestigt werden. Die Besiedelung war erfolgreich.
1927 wurde Menno gegründet, 1930 kam Fernheim als „Deutsche Kolonie Paraguay“ dazu. Am 1. Februar 1947 erfolgte die Gründung von Neuland und vergrößerte so nochmals die Einwohnerzahl in Paraguay durch deutsche Kolonien. Die Colonia Neuland, wie sie heute heißt, ist den russischen Einwanderern nach 1945 zu verdanken, die vor der Verfolgung durch Stalin nach Südamerika flüchteten.
Aufschwung in Paraguay durch deutsche Siedlung
Heute findet sich durch den sprichwörtlichen deutschen Fleiß der Neu-Einwohner dort die modernste Milchviehwirtschaft des Landes. In den letzten 75 Jahren wurden auf dem Savannengebiet dafür eine Million Hektar gerodet. Dieser Landstrich in Paraguay hat durch die deutsche Kolonie 30.000 Mennoniten dazugewonnen. Im Jahr 2008 lebten noch 13.000 Angehörige der mennonitischen Freikirche im Chaco, der überwiegende Teil der Bevölkerung besteht inzwischen aus indigenen Bewohnern.
Die Aussicht auf bezahlte Arbeit ließ sie ebenfalls in das Gebiet abwandern und dort wieder ansässig werden. Die Sesam- und Baumwollproduktion für den Export und der Anbau von Gemüse und Früchten für den Eigenbedarf werden von der Kooperative der Mennoniten vermarktet und sorgen so für sicheres Einkommen und Versorgung.
Fahrt durch Colonia Independencia
Independencia – Kaputte Brücke Paraguay
Fahrt durch Villarrica Paraguay
Independecia – eine badisch-deutsche Kolonie Paraguay
180 Kilometer nördlich der Hauptstadt Asunción siedelte sich 1919 ein badischer Weinbauer an und gründete dort eine Kooperative zum Weinanbau. Weitere Zuwanderer aus Österreich und der Schweiz folgten und machten die Region zu einem bedeutenden Weinanbaugebiet. In der Folge leben noch heute 5600 deutschsprachige Bewohner in der Gegend um Colonia Independencia. Somit kann dieses Gebiet in Paraguay als deutsche Kolonie bezeichnet werden. Bei einem Besuch des Weinbaugebietes und seiner Winzergenossenschaft sind nicht nur alte Weinfässer und Kelteranlagen zu besichtigen: Der Waldfriedhof mit den deutschen Inschriften lockt mit seiner Ruhe zu einer kurzen Pause und lässt das Leben der frühen Einwanderer erahnen. Die nächstgrößere Stadt ist Villarica.
Deutsche Siedlung ist auch ein Ort für Unterhaltung und Information
Alljährlich im März wird in der Kolonie Independencia noch heute das Weinfest begangen. Ganz nach deutschem Brauch wird hierbei die Weinkönigin gewählt. In der Chaco, dem Gebiet in Paraguay, das die deutsche Kolonie der Mennoniten beherbergt, gibt es nicht nur ein Jugendstreichorchester, sondern auch eine Blaskapelle. Das Rodeofest vor Ort ist mittlerweile gleichzeitig eine Ausstellung für Land- und Viehwirtschaft. Die touristische Erschließung der Chaco erfolgt seit dem Jahr 2000. Besuche im Naturschutzgebiet, Informationen über die Grenzkonflikte in der Region sowie ein kulturhistorisches Museum runden das Angebot ab.